Heilung braucht Nähe. Warum Therapie für mich unverzichtbar bleibt

Warum ich in eine Therapie gehe, obwohl es Chat GPT und online Programme gibt.

2018 war das Jahr, das alles veränderte. Bis dahin hatte ich mich durch mein Leben geschleppt, mit einem Lächeln auf den Lippen, das mehr eine Maske war als ein Ausdruck von Freude.

Ich hatte viel mit mir herumgetragen – alte Geschichten, Wunden, die nie wirklich geheilt waren, und Gefühle, die ich lieber ignorierte, als sie zu fühlen.

Doch dann passierte etwas, das mein ohnehin schon volles Fass zum Überlaufen brachte. Eine Trennung. Ein Umzug. Ein Gefühl, als hätte ich alles verloren, was mir Sicherheit gab. Ich fühlte mich ausgestoßen und nicht mehr gut genug. Und in dieser Dunkelheit musste ich einen Weg finden, wieder aufzustehen.

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Warum ich die Hilfe von außen brauchte

In dieser Zeit griff ich nach allem, was mir irgendwie helfen konnte. Ich las Bücher über Selbsthilfe, schaute unzählige Videos auf YouTube und versuchte, durch Journaling Klarheit zu finden. Es half ein bisschen, zumindest für den Moment. Aber ich hatte das Gefühl, immer nur an der Oberfläche zu kratzen. Die Nächte blieben schlaflos, meine Gedanken kreisten, und ich spürte diese innere Leere, die mich nicht losließ.

Eines Abends, als ich wieder einmal verzweifelt nach einer Lösung suchte, tippte ich meine Gefühle in einen Chat mit einer KI. Die Antworten waren klug, einfühlsam und irgendwie beruhigend. Aber sie berührten mich nicht. Ich fühlte mich nicht gesehen, nicht wirklich verstanden. Das war der Moment, in dem ich begriff: Ich brauche einen Menschen. Jemanden, der mich wirklich wahrnimmt.

Der Weg in die Therapie

Es fiel mir schwer, diesen Schritt zu gehen. Therapie fühlte sich wie ein Eingeständnis an, dass ich es alleine nicht schaffen konnte. Aber genau das war die Wahrheit. Ich konnte es nicht alleine schaffen. Also vereinbarte ich einen Termin. Der erste Besuch bei meiner Therapeutin war wie ein tiefes Einatmen nach langer Zeit. Sie sah mich an, hörte mir zu und stellte Fragen, die ich mir selbst nie gestellt hatte.

Eine dieser Fragen war: „Wie fühlt es sich an, das alles auszusprechen?“ Ich wusste es nicht. Aber als ich in den Wochen darauf weiter über meine Geschichte sprach, spürte ich, wie sich etwas in mir löste. Alte Wunden, die ich so lange verdrängt hatte, durften endlich ans Licht kommen.

Was Therapie mir gibt, was Bücher und Videos nicht können

Ich habe viel aus digitalen Tools gelernt. Sie können hilfreich sein, um Strukturen zu schaffen oder neue Perspektiven zu gewinnen. Aber sie ersetzen nicht das, was ich in der Therapie finde. Es ist dieser Raum, in dem ich mit allem sein darf, was ich bin. Meine Therapeutin hält diesen Raum für mich, auch wenn ich mich selbst nicht halten kann. Sie sieht nicht nur meine Worte, sondern auch das, was dahinter liegt. Sie hilft mir, Muster zu erkennen und Verbindungen zu verstehen, die ich alleine nie gesehen hätte.

Ein Moment bleibt mir besonders in Erinnerung: Ich erzählte von einer Kindheitserinnerung, die ich immer als belanglos abgetan hatte. Doch meine Therapeutin blieb bei dieser Erinnerung stehen, stellte Fragen, die tiefer gingen. Und plötzlich war da eine Erkenntnis, die mich zutiefst berührte. Es war schmerzhaft, aber auch befreiend. Solche Momente kann kein Algorithmus erschaffen.

Warum ich diesen Weg nicht missen möchte

Heute, einige Jahre später, kann ich sagen, dass die Therapie mein Leben verändert hat. Sie hat mir gezeigt, dass ich nicht perfekt sein muss, um gut genug zu sein. Sie hat mich gelehrt, meine Wunden anzunehmen und mich mit ihnen zu versöhnen. Natürlich nutze ich weiterhin digitale Hilfsmittel. Sie sind praktische Werkzeuge, die mich im Alltag unterstützen. Aber sie können die menschliche Verbindung, das tiefe Gefühl, wirklich gesehen zu werden, nicht ersetzen.

Therapie ist kein einfacher Weg. Es ist unbequem, schmerzhaft und manchmal anstrengend. Aber es ist auch ein Geschenk, das ich mir selbst gemacht habe. Ein Geschenk, das mir geholfen hat, wieder bei mir selbst anzukommen.

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