 
															Hochsensibel? Traumasensibel? Oder beides?
Gemeinsamkeiten, feine Unterschiede und
Hilfe zur Selbstklärung
Ich erinnere mich noch gut an die Zeiten, in denen ich einfach dachte, ich sei „zu empfindlich“. Zu still, zu verletzlich, zu nah am Wasser gebaut. Ich habe vieles zu lange ausgehalten, mich oft unverstanden gefühlt – und mich selbst manchmal nicht mehr erkannt.
Erst Jahre später – nach vielen Gesprächen, eigenen Erfahrungen und unzähligen gelesenen Artikeln – begann ich langsam zu begreifen:
- Da war nicht nur meine feine, empfindsame Art, die Welt wahrzunehmen.
- Da waren auch alte Wunden, die in bestimmten Momenten wieder aufrissen.
- Da war nicht nur Hochsensibilität. Da war auch etwas, das ich heute Traumasensibilität nennen würde.
Ich bin keine Therapeutin – das ist mir wichtig, dir gleich zu Beginn zu sagen. Ich schreibe diesen Artikel nicht aus professioneller Sicht, sondern aus meinem eigenen Weg heraus. Ich bin eine Frau, die sich selbst besser verstehen wollte – weil sie irgendwann merkte: Irgendetwas in mir reagiert anders. Und ich will wissen, warum.
Wenn du dich also gerade fragst, warum du so stark auf Stimmungen reagierst, warum dein Nervensystem sich nie ganz sicher fühlt oder warum manche Begegnungen dich tief verunsichern – dann bist du hier herzlich willkommen.
Ich teile in diesem Artikel, was ich im Laufe der Zeit über Hochsensibilität und Traumasensibilität gelernt habe – was sie verbindet, was sie unterscheidet, und warum diese Unterscheidung dir helfen kann, dich liebevoller zu verstehen.
Denn manchmal ist es ein leiser Aha-Moment, der den Anfang macht:
Ach so. Das bin ich. Und das ist okay so.
Inhalt
Was ist Hochsensibilität
Hochsensibilität ist eine angeborene Eigenschaft, die etwa 15–20 % der Menschen betrifft. Sie beschreibt ein besonders empfindliches Nervensystem, das Reize intensiver wahrnimmt und tief verarbeitet. Hochsensible Menschen erleben ihre Umwelt auf eine sehr intensive Weise, sowohl in Bezug auf Sinneseindrücke als auch auf emotionale Erfahrungen.
Vielleicht hast du es schon als Kind gespürt: Dass du anders auf Dinge reagierst als andere. Dass du länger brauchst, um dich einzugewöhnen. Dass du vieles siehst, hörst, fühlst, was anderen nicht auffällt – das leise Seufzen in der Stimme einer Freundin, die Spannung in der Luft, wenn jemand den Raum betritt, das Licht, das zu grell ist, der Lärm, der dich durchdringt wie ein zu lautes Lied.
Hochsensibilität bedeutet nicht, dass du schwach bist oder „zu sensibel“. Es bedeutet, dass dein Nervensystem feiner wahrnimmt.
Stell dir vor, du wärst ein besonders empfindsames Messgerät – eines, das selbst leise Schwingungen aufzeichnet, während andere Menschen noch gar nichts bemerken. Du nimmst mehr wahr – nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich.
Vielleicht hast du dich oft gefragt, warum du nach einem Familienfest so erschöpft bist. Warum dir Lärm in der Stadt so zu schaffen macht. Warum du in Gesprächen so schnell die Gefühle anderer spürst – manchmal noch bevor sie selbst es merken.
Hochsensibilität kann wunderschön sein:
Du siehst Farben intensiver, hörst Zwischentöne, spürst, wenn jemand traurig ist – auch ohne Worte. Du kannst tief fühlen, lieben, wahrnehmen. Aber sie ist auch anstrengend – besonders in einer Welt, die laut, schnell und fordernd ist.
Wenn du hochsensibel bist, brauchst du mehr Pausen, mehr Stille, mehr Raum. Nicht, weil du schwächer bist. Sondern weil du tiefer fühlst. Und weil dein inneres System länger braucht, um all das zu verarbeiten, was bei dir ankommt.
Hochsensibilität ist wie ein zartes Blütenblatt im Wind – es braucht Schutz, Raum zum Atmen und den richtigen Boden, um zu blühen.
Vielleicht spürst du gerade beim Lesen:
Ja, so ist das bei mir. So war es immer.
Dann darfst du wissen: Du bist nicht falsch.
Du bist einfach nur fein. Und das ist ein Geschenk.
Typische Merkmale
- Intensivere Wahrnehmung: Geräusche, Gerüche, Licht und Berührungen werden stärker wahrgenommen als bei anderen.
- Emotionale Tiefe: Hochsensible empfinden Emotionen sehr intensiv und haben eine starke Empathie gegenüber anderen.
- Tiefes Nachdenken: Sie reflektieren viel über Erlebtes und suchen oft nach tieferem Sinn.
- Reizüberflutung: In lauten oder hektischen Umgebungen fühlen sie sich schnell überfordert.
- Stärken: Kreativität, Einfühlungsvermögen und ein feines Gespür für Details und Stimmungen.
Woher kommt Hochsensibilität
Hochsensibilität ist genetisch bedingt und keine Folge von Erlebnissen. Sie ist ein natürlicher Persönlichkeitszug, der sich durch ein besonders sensibles Nervensystem auszeichnet.
Hochsensibilität ist keine Modeerscheinung, kein Trend und schon gar keine Einbildung! Sie ist – so sagen es Forschende – eine angeborene Eigenschaft. Etwas, das schon im Nervensystem eines Babys spürbar ist. Manche Kinder kommen einfach mit feineren Antennen zur Welt.
Man geht davon aus, dass etwa 15–20 % der Menschen hochsensibel sind. Sie haben ein besonders sensibles Nervensystem, das Reize intensiver verarbeitet – egal ob Geräusche, Gerüche, Stimmungen oder innere Gefühle.
Du kannst dir das so vorstellen, als würde dein inneres System keinen „Filter“ vorschalten – alles kommt ungefiltert an. Was bei anderen vielleicht vorbeirauscht, bleibt bei dir hängen, wird tiefer gespürt, durchdacht, verarbeitet.
Oft sagen hochsensible Menschen von sich:
- „Ich fühle einfach alles.“
- „Ich kann Dinge nicht so leicht wegschieben.“
- „Ich nehme so viel auf einmal wahr.“
- „Die vielen Menschen überfordern mich.“
Wie oben bereits erwähnt, ist diese Veranlagung genetisch bedingt – das heißt, sie wird vererbt. Vielleicht kennst du jemanden in deiner Familie, der ähnlich empfindsam ist. Manchmal erkennt man sich rückblickend in einem Elternteil oder Großelternteil wieder.
Aber Hochsensibilität kann sich auch unterschiedlich zeigen – manche Menschen reagieren stärker auf Geräusche, andere auf visuelle Reize oder emotionale Schwingungen. Manche sind auch körperlich empfindsamer gegenüber Berührungen, Temperatur oder Schmerz.
Wichtig ist: Hochsensibilität ist keine Diagnose. Es ist ein Persönlichkeitsmerkmal.
So wie manche Menschen extrovertiert sind und andere eher ruhig, gibt es Menschen, die besonders empfindsam wahrnehmen – und dafür weder eine Schublade noch eine Erklärung brauchen.
Doch wenn du weißt, dass du hochsensibel bist, kannst du liebevoller mit dir umgehen. Du erkennst: Ich bin nicht falsch – ich bin nur fein. Und du darfst lernen, wie du dich schützen, nähren und stärken kannst.
Wenn alles zu viel wird. Die besonderen Herausforderungen von hochsensiblen Menschen
Hochsensibel zu sein, bedeutet oft, in einer Welt zu leben, die lauter, greller und schneller ist als das eigene Nervensystem es verträgt.
Vielleicht kennst du das: Ein voller Supermarkt, grelles Licht, Menschengewirr, Musik im Hintergrund – und du fühlst dich nach wenigen Minuten, als hätte jemand deine innere Sicherung überlastet. Deine Reizschwelle ist schnell erreicht, nicht weil du schwach bist, sondern weil du mehr aufnimmst. Du nimmst Stimmungen in Räumen wahr, hörst Zwischentöne in Gesprächen, spürst Unausgesprochenes. Und all das landet in dir – wie auf einer inneren Festplatte, die sich schneller füllt als dir lieb ist.
Geräusche, Gerüche, visuelle Reize – all das kann dich überfordern, obwohl andere es scheinbar mühelos aushalten. Du ziehst dich zurück, brauchst Rückzugsorte, Stille, Natur – nicht aus Bequemlichkeit, sondern aus Notwendigkeit. Weil dein Nervensystem anders funktioniert.
Auch emotionale Tiefe kann herausfordernd sein: Du fühlst mit, du fühlst tief, manchmal so sehr, dass du dich selbst darin verlierst. Du bist schnell erschöpft von zu vielen Eindrücken – selbst wenn sie schön waren. Selbst Freude kann manchmal überwältigend sein, weil sie so stark gespürt wird.
Und dann ist da noch dieses innere „Ich bin falsch“, das viele Hochsensible kennen. Weil sie nicht so funktionieren wie andere. Weil sie früher oft gehört haben: „Sei doch nicht so empfindlich“, „Du übertreibst“, „Du musst dir ein dickeres Fell zulegen“.
Dabei brauchst du kein dickeres Fell. Du brauchst Raum. Verständnis. Und die Erlaubnis, so zu sein, wie du bist.
Diese Herausforderungen sind real – aber sie erzählen nicht von Schwäche. Sie erzählen von Feinheit. Von einer tiefen inneren Welt, die gesehen und geschützt werden will.
Die leisen Gaben: Was Hochsensible so besonders macht
Hochsensibilität ist nicht nur ein anderes Nervensystem – es ist eine besondere Art, mit der Welt in Verbindung zu stehen. Tief, fein, durchlässig. Und ja, manchmal überfordernd. Aber auch voller Schönheit.
Vielleicht hast du es nie bewusst so gesehen, aber du bist jemand, der das Leise hört, bevor es laut wird. Du nimmst Zwischentöne wahr, siehst, was andere übersehen. Du erkennst, wenn ein Lächeln nicht echt ist, spürst, wenn ein Raum eine schwere Stimmung trägt. Du hast eine feine Wahrnehmung für Stimmungen, Menschen und Atmosphären – wie ein inneres Barometer für das, was gerade ist.
Du denkst viel – vielleicht manchmal zu viel – aber gerade darin liegt ein Geschenk: Du durchdringst die Welt mit Tiefe. Oberflächliches reicht dir nicht. Du suchst nach Bedeutung, nach Echtheit, nach dem, was zwischen den Zeilen steht.
Oft sind Hochsensible kreative Menschen. Schreibende. Malende. Träumende. Denkende. Sie bringen ihre Innenwelt nach außen – auf Papier, in Musik, in stille Gesten. Und berühren damit oft mehr, als sie selbst ahnen.
Dein Mitgefühl ist kein Zufall. Es ist eine deiner größten Stärken. Du fühlst mit, nicht weil du schwach bist, sondern weil dein Herz weit ist. Du bist oft diejenige, die sich erinnert, wie es anderen geht, die spürt, was gebraucht wird, die Rücksicht nimmt, wo andere achtlos vorbeigehen.
Und vielleicht kennst du auch diese stille Form von Weisheit: Du brauchst keine Bühne, keine großen Worte. Aber wenn du sprichst, wenn du schreibst, wenn du fühlst – dann berührt es. Weil es aus Tiefe kommt. Aus Wahrhaftigkeit.
Deine Hochsensibilität ist kein Fehler. Sie ist ein feines Geschenk. Manchmal verpackt in Herausforderungen, ja – aber mit einem inneren Glanz, den die Welt gerade heute so sehr braucht.
Wenn das Feine verwundet wurde – und noch feiner wurde
Vielleicht hast du dich in vielem wiedererkannt. Vielleicht hast du beim Lesen leise genickt und gedacht: Ja, das bin ich. Und vielleicht hast du gleichzeitig gespürt: Aber da ist noch mehr. Etwas, das tiefer geht. Etwas, das manchmal wehtut, obwohl es gar keinen aktuellen Grund gibt.
Dann kann es sein, dass deine Hochsensibilität sich mit etwas anderem verwebt hat – mit Erfahrungen, die dein Nervensystem geprägt haben.
Mit alten Geschichten, alten Ängsten, mit Momenten, in denen du nicht sicher, nicht gesehen, nicht gehalten warst.
Manche nennen das Traumasensibilität.
Ein Begriff, der nicht pathologisieren will, sondern erklären. Der deutlich macht: Du bist nicht „zu empfindlich“, sondern in dir lebt ein Teil, der wachsam ist – weil er es sein musste.
Ein Teil, der schnell reagiert, weil er gelernt hat: Ich muss aufpassen. Ich muss spüren, bevor es gefährlich wird. Ich darf nichts übersehen.
Traumasensibilität ist wie ein zarter Faden in deinem Inneren, der immer wieder schwingt, wenn etwas dein System an alte Muster erinnert – auch wenn heute alles gut ist.
Es ist, als hätte dein Nervensystem gelernt, immer auf Habacht zu sein – und genau das kann sich überlagern mit der feinen, wachen Hochsensibilität.
Und doch: Auch hier liegt keine Schwäche. Es ist ein Zeichen deiner emotionalen Intelligenz. Deiner inneren Anpassungsfähigkeit. Und deines Überlebenswillens.
In den nächsten Abschnitten möchte ich dir zeigen, woran du Traumasensibilität erkennen kannst – und wie du gut für dich sorgen kannst, wenn du merkst: Ich bin feinfühlig, weil ich viel erlebt habe.
Und gerade deshalb: verdient mein Inneres die größte Zärtlichkeit.
Was ist Traumasensibilität
Traumasensibilität ist eine erworbene Empfindlichkeit, die aus belastenden oder traumatischen Erfahrungen resultiert. Menschen mit Traumasensibilität sind oft in einem Zustand ständiger Wachsamkeit, da ihr Nervensystem durch vergangene Erlebnisse darauf programmiert ist, Gefahren frühzeitig zu erkennen.
Traumasensibilität entsteht durch überwältigende oder traumatische Erlebnisse, wie z. B. Missbrauch, Vernachlässigung, schwere Verluste, toxische Beziehungen oder chronischen Stress. Auch eine Geburtserfahrung kann ein Trauma sein. Sogar ein in der Kindheit zurückliegender Zahnarztbesuch, in dem du dich hilflos, verloren und ohnmächtig gefühlt hast, kann ein Trauma sein. Hierzu habe ich auch einen Blogbericht aus meinem Leben und Umgehen mit der Angst vor Zahnärzten geschrieben.
Wichtig finde ich auch zu wissen, dass Menschen, die eh schon sensibel veranlagt sind, auf traumatische Erfahrungen noch sensibler reagieren. Jeder Mensch ist anders. Für den Einen ist eine Trennung z.B. etwas ganz Normales, was im Leben passieren kann, was dazu gehört. Für einen Anderen jedoch braucht es Jahre der Verarbeitung. Du darfst dir diese Zeit geben. Keiner schreibt dir vor, wie lange du an einer Sache zu kämpfen hast. Heilung braucht Zeit und zwar die Zeit, die du dafür brauchst. Es dauert so lange, wie es dauert.
Ich persönlich habe für viele Dinge Jahre gebraucht, um sie zu verarbeiten. Und als dann ein ähnliches Ereignis geschah, wurde eine alte Wunde wieder aufgerissen, größer und schmerzhafter als zuvor. Ich hatte das Gefühl, dass ich wieder meilenweit in meiner inneren Heilung zurückgeschmissen wurde, fühlte mich wie am Anfang. Und auch das ist okay. Wir dürfen überwältigt sein, dürfen große Tränen weinen, dürfen den Schmerz rauslassen. Erst dann kann Neues wachsen. So zumindest meine persönliche Erfahrung.
Woran du Trauma Sensibilität erkennen kannst
Traumasensibilität ist also ein innerer Zustand – ein feines, waches Nervensystem, das viel erlebt und gelernt hat, immer schnell zu reagieren. Oft unsichtbar für andere. Aber spürbar für dich. Vielleicht erkennst du dich in einigen dieser Beschreibungen wieder:
1. Du erschrickst leicht oder fühlst dich überfordert
Laute Geräusche, plötzliche Veränderungen, zu viele Eindrücke auf einmal – all das kann dein System überfluten. Es ist nicht „übertrieben“, sondern ein Schutzmechanismus. Dein Körper meldet: Gefahr, auch wenn keine da ist. Einfach, weil er es so gelernt hat.
2. Du denkst viel nach - besonders über zwischen menschliche Dinge
Du analysierst Gespräche, spürst Stimmungen im Raum sofort, zerbrichst dir den Kopf über „komische Blicke“ oder „ungeklärte Situationen“.
Das liegt nicht daran, dass du unsicher bist – sondern daran, dass dein System ständig auf der Suche nach Sicherheit ist. Auch emotional.
3. Du fühlst dich oft angespannt, ohne zu wissen warum
Manchmal wachst du schon mit innerer Unruhe auf. Dein Körper ist im Alarmmodus, obwohl du „eigentlich keinen Stress“ hast. Das liegt daran, dass dein Nervensystem nie ganz abschalten konnte – es hat gelernt, wachsam zu bleiben, um dich zu schützen.
4. Du brauchst mehr Rückzug als anders - aber du fühlst dich dabei auch einsam
Vielleicht brauchst du mehr Ruhe, mehr Zeit für dich, mehr Raum zum Verarbeiten. Gleichzeitig sehnst du dich nach Verbindung – aber sie darf nicht zu nah, nicht zu fordernd, nicht zu schnell sein. Ein Dilemma, das viele traumasensible Menschen gut kennen.
Dies ist übrigens auch ein Unterschied zu introvertierten Personen. Sie fühlen sich nicht einsam. Sie sind gerne alleine. Bei traumasensiblen jedoch ist das anders. Sie möchten Nähe, aber gleichzeitig macht ihnen zu viel Nähe auch Angst.
5. Du reagierst besonders stark auf Ablehnung, Kritik oder Konflikte
Vielleicht ist es ein einziger Satz, der dich innerlich tagelang beschäftigt. Ein Moment, in dem jemand dich übergeht. Ein Streit, den du einfach nicht abschütteln kannst. Dein System speichert soziale Ausgrenzung oft als Bedrohung – weil du in deiner Vergangenheit vielleicht nicht immer sicher und willkommen warst.
💛 Das Wichtigste:
Wenn du dich in vielem wiedererkennst, dann bedeutet das nicht, dass „etwas nicht stimmt“ mit dir. Es bedeutet nur: Dein Inneres hat sehr gut aufgepasst. Und jetzt darf es lernen, dass heute vieles anders ist. Dass du in Sicherheit bist. Dass du selbst entscheiden darfst, wem du vertraust, was du brauchst – und wie du dich schützen und stärken kannst.
Die typischen Merkmale einer Traumasensibilität sind:
- Trigger: Bestimmte Situationen oder Reize (z. B. Geräusche, Gerüche, Worte) können Erinnerungen an traumatische Erlebnisse hervorrufen.
- Hypervigilanz: Ein Zustand ständiger Wachsamkeit, um potenzielle Gefahren zu vermeiden.
- Emotionale Schwankungen: Menschen mit Traumasensibilität erleben oft intensive Emotionen wie Angst, Wut oder Traurigkeit, aber auch das Gefühl von Abkopplung (Dissoziation).
- Überlebensmodus: Dein Nervensystem bleibt häufig in einem Alarmzustand, selbst wenn keine Gefahr mehr besteht.
Die leisen Stärken der Traumasensiblen
Wenn du besonders viel spürst, schnell überreizt bist und in Beziehungen oft nach Sicherheit suchst, dann klingt das vielleicht erst mal nach „zu viel“ oder „zu empfindlich“.
Aber genau in dieser feinen Wahrnehmung liegen auch besondere Schätze. Viele traumasensible Menschen tragen Gaben in sich, die tief berühren – weil sie aus echtem Erleben kommen.
Ich weiß, wenn du gerade noch mitten in einem Traum steckst, dann ist es noch schwer vorstellbar, dass daraus eine Stärke wachsen kann. Aber es ist möglich. Die Stärken, wenn du anfängst dein Traum zu überwinden, können dann sein:
1. Du hast ein feines Gespür für Stimmungen und Zwischentöne
Du nimmst wahr, was unausgesprochen ist. Du fühlst, wenn jemand traurig ist, auch wenn er lächelt. Du spürst, wenn etwas in der Luft liegt, obwohl niemand etwas sagt. 
Das macht dich zu einem besonders empathischen, achtsamen Menschen – auch wenn es manchmal anstrengend ist.
2. Du hast ein tiefes Verständnis für andere Menschen – besonders für ihre Verletzlichkeit
Weil du selbst Schmerz kennst, begegnest du anderen oft mit echtem Mitgefühl. Du verurteilst nicht vorschnell, sondern versuchst zu verstehen.
Deine Nähe ist oft heilend – weil sie Raum lässt. Und weil sie nie oberflächlich ist.
3. Du hast eine enorme Kraft, durchzuhalten
Auch wenn du dich oft erschöpft fühlst – du hast überlebt, was andere nicht sehen. Du bist aufgestanden, weitergegangen, hast dich durchs Leben getragen.
Dein Nervensystem mag empfindsam sein – aber dein Herz ist stark.
Stärker, als du manchmal glaubst.
4. Du entwickelst tiefe Weisheit durch dein inneres Erleben
Traumasensible Menschen beobachten viel, reflektieren viel, suchen Sinn.
Viele von ihnen schreiben, malen, begleiten andere, führen tiefgründige Gespräche.
Sie tragen eine besondere Tiefe in sich – und können diese auch weitergeben, wenn sie einen sicheren Ort gefunden haben.
5. Du kannst lernen, dich selbst zu regulieren – auf liebevolle Weise
Vielleicht kennst du noch nicht all deine Ressourcen. Vielleicht hast du dich lange selbst kritisiert für deine „Sensibilität“.
Aber wenn du lernst, dich mit Mitgefühl zu begleiten, entwickelst du eine neue Stärke: Sanfte Selbstführung. Die Kraft, dir selbst zu geben, was du brauchst.
Nicht durch Härte. Sondern durch liebevolle Verbundenheit.
Deine Stärken können dir und anderen dienen
- Du hast ein tieferes Verständnis für emotionale Zusammenhänge.
- Du verstehst die Verhaltensweisen von Menschen mit Ängsten, Depressionen … viel besser.
- Du siehst nicht nur die Oberfläche oder Fassade eines Menschen. Sondern du verstehst die kleinen Anzeichen von (trauma-)sensiblem Verhalten.
- Du hast ein tiefes Mitgefühl für Menschen mit psychischen Störungen. Du siehst sie als Mensch mit schwierigen Erfahrungen. Du kannst dahinter blicken.
- Du hast dadurch die Möglichkeit anderen Menschen in schwierigen Situationen einen gefühlvolleren Ratschlag zu geben als nur einen „Schlag“ ohne emotionalen Rat.
- Du kannst deine eigenen Erfahrungen und deine daraus gewonnenen Stärken nutzen, um beruflich anderen Menschen zu helfen, die gerade noch in ihrem Traumata festhängen. Aber nur, wenn du magst. Denn manchmal können die Geschichten von Anderen auch wieder eigene Trigger sein, die dich zurückschmeissen. Sei behutsam mit dir selbst und deinem Weg
💛 Schreibe dein Leben neu weiter
Vielleicht hast du es beim Lesen schon gespürt, was ich mit dem Blogbericht sagen möchte: Traumasensibilität ist kein Makel. Sie ist eine Geschichte, an die sich dein Körper noch erinnert. Und sie ist ein Schatz, der entdeckt werden will.
Wenn du beginnst, dich selbst besser zu verstehen – ohne Urteil, ohne Scham – kann etwas ganz Neues entstehen: Vertrauen.
In dich.
In deinen Weg.
Und in deine stille, leise Kraft.
Du hast jetzt die Möglichkeit dein Leben neu weiter zu schreiben. Du darfst dein Leben mehr und mehr verstehen, dich immer besser kennen lernen und behutsamer mit dir umgehen. 
Gib nicht auf. 
Hochsensibel oder Traumsensibel - eine Gegenüberstellung
Falls du alles bis hierhin gelesen hast, hast du viel erfahren. Vielleicht hast du dich beim Lesen gefragt: Bin ich hochsensibel? Oder traumasensibel? Oder gehört das irgendwie zusammen?
Ich möchte dir keine medizinische oder therapeutische Antwort geben – sondern meine Sicht mit dir teilen. Eine Sicht, die aus vielen Gesprächen, Recherchen und meiner eigenen Geschichte gewachsen ist.
Denn ich glaube: Manchmal hilft nicht das perfekte Etikett, sondern das Verstehen der feinen Unterschiede. Und das Spüren: Was davon bin ich – und was davon bin ich geworden?
Hier meine einfühlsame Gegenüberstellung – alles nochmal auf einen Blick:
hochsensibel
- Angeborenes Persönlichkeitsmerkmal
 – Hochsensibilität gilt als natürliche Veranlagung und ist meist seit der Kindheit spürbar.
- Intensivere Wahrnehmung von Sinneseindrücken
 – Geräusche, Gerüche, Licht und Stimmungen werden stärker und differenzierter empfunden.
- Bedarf an Rückzug und Pausen
 – Um die vielen Eindrücke zu verarbeiten, braucht es regelmäßig Ruhe und Alleinzeit.
- Gefühl von Anderssein – aber nicht beschädigt
 – Hochsensible Menschen fühlen sich oft anders, aber nicht als „defekt“.
- Feine Antenne
 – Die Hochsensibilität wirkt wie ein empfindsames Empfänger-System für alles, was um dich herum geschieht.
traumasensibel
- Entstanden durch überfordernde Erfahrungen 
 – Meist geprägt durch emotionale Verletzungen oder Unsicherheit in der frühen Kindheit.
- Starke Reaktion auf Trigger und Unsicherheiten 
 – Besonders in zwischenmenschlichen Beziehungen oder bei plötzlichen Veränderungen.
- Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität 
 – Um sich innerlich zu beruhigen, braucht es sichere Räume und achtsame Selbstbegleitung.
- Gefühl, „falsch“ oder beschädigt zu sein 
 – Viele traumasensible Menschen empfinden sich als defekt, obwohl sie einfach verletzt wurden.
- Hochsensibles Alarmsystem 
 – Traumasensibilität zeigt sich wie ein überwachendes System, das manchmal zu früh anschlägt – zum Schutz.
Doch so unterschiedlich die Wurzeln auch sein mögen – oft verweben sich beide Zustände ineinander. Viele traumasensible Menschen sind auch hochsensibel. Und viele Hochsensible haben in ihrem Leben Erfahrungen gemacht, die tiefe Spuren hinterlassen haben.
Es ist kein Entweder-oder. Es ist ein behutsames Erkennen: Was gehört zu mir? Und was ist in mir entstanden, um mich zu schützen?
Wenn du beginnst, beides anzunehmen – deine feine Wahrnehmung und deine schmerzhaften Erfahrungen – dann wächst etwas Neues in dir: Selbstmitgefühl. Verständnis. Und vielleicht auch ein neuer, liebevoller Umgang mit deiner Geschichte. Das wünsche ich dir von Herzen.
Wenn mal Alles wieder zu viel wird
Vielleicht war der Bericht für dich aufwühlend. Vielleicht hast du Zusammenhänge oder auch Unterschiede erkannt. Und ich bin sicher, du hast jetzt Vieles erstmal zu verdauen und zu verarbeiten. Aber ich möchte dich hier nicht aufgewühlt weiterziehen lassen. Sondern gebe dir zum Abschluss noch meine Tipps und Wegweiser mit, wie ich mit hochsensiblen und auch traumasensiblen Tagen umgehe.
Denn manchmal ist es wie ein leiser Sturm im Inneren. Die Welt fühlt sich zu laut an, die Erwartungen zu schwer, und selbst kleine Reize können wie ein wildes Flattern im Nervensystem wirken. Ob du eher hochsensibel bist oder traumasensibel – oder beides in dir trägst – du kennst sicher diese Tage, an denen du dich zurückziehen möchtest wie ein Igel, der sich schützend ineinander rollt.
Ich kenne solche Momente gut. Früher dachte ich, mit mir sei etwas nicht in Ordnung. Heute weiß ich: Mein System spricht mit mir. Es bittet mich um Achtsamkeit. Um liebevolle Zuwendung. Um Rückzug, nicht aus Schwäche, sondern aus Fürsorge.
Und mit der Zeit habe ich herausgefunden, was mir in solchen Momenten guttut – nicht als Patentrezept, sondern als Einladung zum Ausprobieren, Anlehnen und Spüren.
Vielleicht ist auch etwas für dich dabei.
5 Dinge, die mir konkret helfen
- Ich ziehe mich sanft zurück – ohne schlechtes Gewissen. 
 Nicht, weil ich flüchte, sondern weil ich mein Nervensystem ehre. Manchmal ist schon das Schließen der Tür ein Akt der Selbstfürsorge. Ich mache das Handy aus, ziehe mich ins Schlafzimmer oder unter meine Lieblingsdecke zurück – und atme und schlafe.
- Ich schreibe. Nicht schön, nicht klug. Nur ehrlich. 
 Mein Journal kennt mich, ohne Fragen zu stellen. Ich muss mich nicht erklären, darf einfach da sein mit allem, was ist. Manchmal schreibe ich nur drei Sätze. Manchmal einen Brief an mich selbst. Aber immer bringt es mich zurück in Verbindung.
- Ich mache mir eine kleine Wärmeinsel. 
 Eine Wärmflasche. Ein warmer Tee. Ein Kirschkernkissen auf dem Bauch. Wärme beruhigt mein überreiztes System – körperlich und seelisch. Es ist, als würde ich mir selbst sagen: „Du bist sicher. Ich bin da.“
- Ich höre auf zu kämpfen – und erlaube mir zu fühlen. 
 Ich habe gelernt, dass Widerstand mich nur noch mehr erschöpft. Also sage ich leise: „Okay, es ist gerade viel. Ich darf müde sein. Ich darf traurig sein. Ich darf überfordert sein.“ Und in diesem Erlauben wird es oft schon leichter.
- Ich tue eine winzig kleine Sache, die mich erinnert, wer ich bin. 
 Eine Seite in meinem Lieblingsbuch lesen. Meine Katze streicheln. Eine Blume ins Fenster stellen. Ein Gänseblümchen am Wegesrand anschauen. Etwas, das mir zeigt: Ich bin mehr als meine Erschöpfung. Ich bin da. Ich lebe. Ich bin zart – und genau darin stark.
Wie du langfristig liebevoller mit dir umgehen kannst
Es gibt keinen festen Plan, keinen perfekten Weg. Aber es gibt Möglichkeiten, achtsam mit dir selbst zu sein – sanfte Schritte, die dich begleiten können:
für sensible Seelen
🌸 Erkenne an, was du brauchst.
Deine feine Wahrnehmung ist keine Schwäche – sie ist eine besondere Art, die Welt zu spüren. Du darfst dich annehmen, genauso wie du bist.
🌸 Plane dir regelmäßig Rückzugszeiten ein.
Nicht erst, wenn du völlig erschöpft bist. Schon ein paar stille Minuten am Tag können Wunder wirken.
🌸 Gestalte dir einen Wohlfühlraum.
Licht, Farben, Geräusche – achte auf das, was dich umgibt. Du darfst wählen, was dir guttut.
🌸 Vertraue deinen inneren Schätzen.
Deine Empathie, deine Kreativität, dein Sinn für das Unausgesprochene – sie sind Gaben. Du musst sie nicht erklären. Du darfst sie leben.
für traumasensible Seelen
🌿 Du musst das nicht allein schaffen.
Es ist mutig, dir Unterstützung zu holen – sei es durch eine traumasensible Begleitung, Therapie oder einfach ein Gespräch mit einem Menschen, der dich sieht.
🌿 Lerne dich selbst besser kennen.
Wenn du weißt, was dich überfordert, kannst du liebevoller für dich sorgen. Trigger sind keine Schwächen – sie zeigen dir, wo Schmerz war und Heilung beginnt.
🌿 Finde deine Anker.
Atemübungen, kleine Rituale, Journaling – was auch immer dir hilft, in deinem Körper anzukommen, darf dein Begleiter werden.
🌿 Hab Geduld mit deinem Weg.
Heilung ist kein Ziel, das du erreichen musst. Sie ist ein Prozess – langsam, leise, manchmal im Rückzug, manchmal im Mut. Und immer in deinem Tempo.
Sanfte Fragen für dein Journal
Vielleicht magst du dir jetzt einen Moment Zeit nehmen. Nur du, dein Stift, dein Journal. Kein Druck. Kein Ziel. Nur Raum zum Spüren und Lauschen.
Diese Fragen begleiten dich – wenn du magst. Mir haben sie sehr geholfen, um mich besser zu verstehen und liebevoller mit mir umzugehen.
- Was in meinem Alltag überfordert mich gerade – leise, aber stetig?
- Was brauche ich wirklich, um mich innerlich sicher und gehalten zu fühlen?
- Wann habe ich mich zuletzt ganz gesehen und verstanden gefühlt – und was hat dazu beigetragen?
- Welche leise Stärke in mir wünsche ich mir, wieder mehr zu leben?
- Wie darf mein Umgang mit mir selbst in sensiblen Momenten künftig liebevoller aussehen?
Du musst nicht auf alle Fragen sofort Antworten haben. Manchmal genügt es, sie einfach wirken zu lassen – wie Samen, die still unter der Oberfläche keimen.
Du darfst so sein, wie du bist
Wir kommen jetzt zum Ende des Blogberichtes. Du hast gelernt und verstanden, dass Hochsensibilität und Traumasensibilität – das sind unterschiedliche Wege der Empfindsamkeit. Zwei Spuren im feinen Gewebe deiner Seele. Und auch wenn sie verschieden entstanden sind, brauchen beide eines: einen achtsamen, mitfühlenden Umgang mit dir selbst.
Vielleicht kannst du deine Hochsensibilität mit Rückzug, Natur, Journaling oder Ruhezeiten balancieren. Vielleicht spürst du aber auch, dass da etwas Tieferes mitschwingt – eine alte Wunde, die nach Sicherheit, Verständnis und liebevoller Begleitung ruft.
Beides ist okay.
Beides darf sein.
Wichtig ist nicht, welches Etikett du trägst – sondern, dass du lernst, deine Bedürfnisse wahrzunehmen. Dass du dich selbst ernst nimmst, mit deiner Geschichte, deiner Empfindsamkeit und deiner Sehnsucht nach einem Leben, das sich wirklich gut anfühlt.
Du musst dich nicht verbiegen.
Nicht härter werden.
Nicht stärker scheinen, als du bist.
Was du brauchst, ist Raum.
Und Mitgefühl.
Und vielleicht ein kleines „Ja“ zu dir selbst – heute, genau jetzt.
Denn du hast alles in dir, um deinen Weg zu gehen. Still. Sanft. Und echt. 🌿
Und lass dir bitte noch Niemanden sagen und vorschreiben, wie lange du für deinen Weg brauchst. Sowohl der Weg als Hochsensible, als auch Traumasensible kann sehr lange sein. Vielleicht triffst du zuerst auf Menschen und Berufe, die dir nicht gut tun. Vielleicht gehst du erst Umwege, um deinen Weg zu finden. Alles ist okay. Du bist okay. 
Ich selbst habe mit 45 Jahren erst eine Therapie begonnen, als ich merkte, es passt nichts mehr in meine Seele rein. Sie ist voll. Mit Schmerz, Trauer, Traumata und ungeweinten Tränen. Bis dahin war ich die Starke, die Ruhige. Zumindest nach außen. Aber in mir zerbrach ich immer mehr. Es hat nur keiner gesehen. 
Heute bin ich wieder gestärkt, so richtig von Innen heraus. Ich habe Vieles aufgearbeitet, in mir ist es ruhiger geworden und ich bin an meinem Schmerz gewachsen. Aber ich habe auch heute noch Tage, an denen es mir nicht gut geht. Und auch das ist okay. Damit bin ich fein. Ich sorge dann gut für mich, weil ich weiß was los ist. 
Blogbericht vom 29.9.2024, aktualisiert am 26.7.2025
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